#Fake News JESUS SAKRILEG – wie clever die Kirche die Welt verarscht, nicht

Abbildung 1: Buchcover Sakrileg (Quelle www.exlibris.ch )

Alles nur erfunden?

2003 erschien das Buch «Sakrileg» vom berühmten Krimiautor Dan Brown. Das Buch und er entsprechende Film «Da Vinci Code» hatte 2003 einen regelrechten Hype um die Frage eröffnet, ob Jesus schlussendlich bloss ein ganz normaler Zimmermann war. Im Buch von Dan Brown für das der Autor extra in der alten Bibelgeschichte recherchiert hatte, beginnt mit einer Leiche des Louvre-Direktors, der Tod in der Galerie, ganz in der Nähe der «Mona Lisa» liegt. Dan Brown wittert in seinem Thriller also eine der grössten Vertuschungsaktion in der Geschichte der Menschheit. Dabei steht die Kirche inmitten eines Geheimbundes, der die Macht und den Einfluss der Kirche um jeden Preis bewahren will. Laut Roman war Jesus ein normaler, sterblicher Mensch. Erst unter Kaiser Konstantin wurde er im 4. Jahrhundert auf dem Konzil zu Nizäa zu Gott erklärt. Konstantin habe daher alle früheren Aufzeichnungen über den sterblichen Jesus vernichten lassen und eine neue, gefälschte Evangeliensammlung in Auftrag gegeben. Die bekannten Evangelien der Bibel. Diese würden aber ein völlig falsches Bild von Jesus zeichnen. Leonardo da Vinci hat in seinem Fresko dieses Geheimnis «codiert» und der Nachwelt mitgeteilt. Daher auch der Originaltitel «The Da Vinci Code».

Über den eher dürftigen Recherchebeitrag von Dan Brown lässt sich sicher zurecht streiten. Aber könnte es den tatsächlich sein, dass die Kirche die ganze Jesusstory aus nachvollziehbaren Machtgründen einfach erfunden hat? Im Hintergrund nagt diese Frage doch schon irgendwie. Könnte es nicht doch sein, dass die Christen sich getäuscht haben? Dass sie leichtgläubig einem gigantischen Betrug aufgesessen sind? Dass wir schlicht einen historischen Irrtum glauben? Die blosse Tatsache, dass das Buch «Sakrileg» über 81 Millionen Mal verkauft wurde (Tomkowiak 2012), zeigt, dass der Stoff den Nerv der Zeit getroffen hat. In einem Interview im Tagi meinte der Schauspieler Ian McKellen auf die Frage, ob Jesus und Maria Magdalena verheiratet waren: «Die Kirche müsste darüber eigentlich glücklich sein. Dann war Jesus wenigstens nicht schwul» (Tages-Anzeiger 2006:53).

Ich glaube kaum, dass irgendjemand denkt, dass die Kirche im Ernst einen so grundlegenden Betrug überhaupt verstecken könnte. Im Gegenteil! Ihr oberstes Anliegen war es die Story von Jesus überall zu verbreiten. Trotzdem wirft der Roman interessante Fragen auf. Die Faszination des Romans, und die hitzige Debatte, die er ausgelöst hat, sind ein guter Grund ein paar kontroverse Fragen zu überdenken. Fordert nicht das Neue Testament selbst zum offenen Umgang mit Kritik auf: «Seid immer dazu bereit, denen Rede und Antwort zu stehen, die euch nach der Begründung eures Glaubens fragen» (1. Petr 3,15).

So stellt sich mit dem Roman folgende Kernfrage, die die Gemüter erhitzt: «Hat die Kirche Jesus als Gottes Sohn einfach erfunden?». Dan Brown versucht die Antwort implizit durch das Hinterfragen von biblischen Grundpfeilern zu geben. Er behauptet herausgefunden zu haben, dass:

  1. Jesus verheiratet war
  2. Die Evangelien unzuverlässig sind
  3. Maria im «letzten Abendmahl» ursprünglich abgebildet ist

1. War Jesus verheiratet?

Abbild 2: Da Vinci Letztes Abendmahl (Quelle Das Abendmahl (Leonardo da Vinci) – Wikipedia)

Im Buch behauptet Brown, dass die Ehe zwischen Jesus und Maria historisch verbürgt sei (Brown 2004:337). Tatsache ist, dass Maria Magdalena eine Jüngerin von Jesus war, die er von Dämonen befreit hat. Sie begleitete mit anderen Frauen Jesus und seine Jünger auf ihren Reisen. Weiter erscheint sie in allen vier Evangelien als Zeugin der Auferstehung (Mt 28,1-8;Mk 16,1-10;Lk 24,1-10;Joh 20,11-18) und wird auch in ausserbiblischen Texten erwähnt (Marienevangelium). In keinem einzigen Bericht gibt es irgendeinen Hinweis, dass sie mit Jesus verheiratet war. Es wird nie erwähnt, dass er eine Ehefrau hatte. Wenn immer von Jesus Familie die Rede ist, werden seine Brüder und Schwestern genannt (Mt 13,55 und Mk 6,3). Die beste Beweisführung wäre gewesen, wenn Paulus – der selbst bekennender Single war – Jesus und Maria in seinen Berichten erwähnt hätte. Insbesondere da, wo er dafür argumentierte, dass Apostel heiraten können (1 Kor 9,5).

2. Sind die Evangelien reine Erfindung?

Die vier Evangelien gehören zum Neuen Testament, weil sie echt und authentisch waren, damals wie heute. Die vier Berichte wurden in der gesamten Christenheit anerkannt als Augenzeugenberichte Jesu. So schreibt Lukas an seinen Freund Theophilus: « Schon viele haben versucht, all das aufzuschreiben, was Gott unter uns getan hat, so wie es uns die Augenzeugen berichtet haben, die von Anfang an dabei waren […]. Auch ich habe mich entschlossen, allem von Anfang an sorgfältig nachzugehen und es für dich aufzuschreiben. So wirst du feststellen, dass alles, was man dich gelehrt hat, zuverlässig und wahr ist» (Lk 1,1-4).

Dazu hat die Päpstliche Bibelkommission in der Rolle ihrer Führungsfunktion am 21.4.1964 ein kleines Dokument über die geschichtliche Wahrheit der Evangelien verfasst. Diese „Instructio“ öffnete der sogenannten formgeschichtlichen Methode in der Exegese der synoptischen Evangelien die Tür und unterstreicht die Echtheit der Evangelien (Deutsche Bibel Gesellschaft 2017:2). Zudem unterstreicht der Qumran-Experte Alexander Schick in seinem Buch «Das wahre Sakrileg», dass der Fund der Qumran-Handschriften beweist, wie historisch fest die Evangelien im antiken Judentum verankert sind (Schick 2006:69f).

Die Theorie einer Verschwörung der Kirche ist ebenfalls schwer zu halten, da sie von zu vielen Protagonisten über eine sehr lange Zeitspanne aufrecht erhalten hätte werden müssen. Wenn man bedenkt, unter welchen qualvollen Tod die meisten Apostel und Jünger gestorben sind, kann es absolut ausgeschlossen werden, dass keiner dieser Zeugen nicht die Wahrheit erzählt haben.

3. Ist Maria im «letzten Abendmahl» von Da Vinci abgebildet?

Dan Brown behauptet im Buch, der feminin aussehende Jünger in Leonardo Da Vincis «Abendmahl» sei in Wirklichkeit Maria Magdalena (Sakrileg 2004:336). Der weltweit führende Da Vinci-Forscher, Professor Frank Zöllner vom Institut für Kunstgeschichte an der Universität Leipzig hält dieser Behauptung entgegen, dass die Darstellung des Johannes dem damals üblichen Typus erfolgt sei. An Leonardos Darstellung sei daher nichts ungewöhnlich. Da Vinci habe von seinen Fresken vorgängig detaillierte Skizzen gemacht. Jeder seiner Abendmahl-Figuren sei auf diesen Entwürfen namentlich aufgeführt. Den Jünger zu seiner Rechten habe er als «Johannes» gekennzeichnet, nicht als Maria (Schick 2006:41ff). Die Idee im Roman ist interessant, aber eine reine Erfindung von Brown!

Hat die Kirche Jesus als Gottes Sohn erfunden?

Und so kann ich resümieren, dass die Kirche Jesus keinesfalls erfinden konnte. Wir haben gesehen, dass die Bibel und die Jesusstory zu komplex und zu genial sind. Eine Organisation wäre nicht im Stande eine solche Geschichte zu erfinden ohne, dass diese die letzten 2000 Jahre nicht längst der Lächerlichkeit Preis gegeben worden wäre. Und so möchte ich meinen heutigen Blogg mit einem Zitat von C. S. Lewis, einem der bedeutendsten christlichen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts, schliessen: «Wenn das Christentum falsch ist, ist es bedeutungslos. Wenn es wahr ist, ist es von unendlicher Bedeutung. Eines kann es nicht sein: Mittelmässig bedeutsam» (Scharnowski 2019).

Literaturverzeichnis

Brown, Dan 2004. SAKRILEG. Köln: Verlag Bastei Lübbe AG.

Die Heilige Schrift. Elberfelder Bibel, revidierte Fassung. 1996. 7. Aufl. Wuppertal: Brokhaus.

Scheck, Alexander 2006. DAS WAHRE SAKRILEG – Die verborgenen Hintergründe des Da-Vinci-Codes. München: Droemerschen Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf. GmbH & Co.

Neues Leben. Die Bibel. 2006. Witten: SCM-Verlag.

Scharnowski, Reinhold 2019. jesus.ch «C.S. Lewis: 10 Argumente für den Glauben».

Tomkowiak, Ingrid 2012. «Wenn Dan Brown eine Sekte wäre – würde ich beitreten!» Zur politischen Relevanz von Verschwörungsromanen. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung.

Unser Vater im Himmel

Unser Vater im Himmel…

So sollen wir dich ansprechen.

Voller Hingabe, Vertrauen und Unterordnung.

Vorgegeben durch die Lehre Jesu.

Doch ich kann dich nicht Vater nennen.

Ich habe nie einen Vater gekannt.

                Ich brauche keinen Vater!

***

Ich will dich gar nicht Vater nennen.

Mein Vater war schlecht zu mir.

                Ich vertraue keinem Vater!

***

Ausserdem soll ich dich nicht Vater nennen.

Das Patriarchat gehört abgeschafft.

                Ich habe mich vom Vater emanzipiert!

Unser Vater im Himmel…

So können wir dich ansprechen.

Voller Hingabe, Vertrauen und Unterordnung.

Vorgelebt durch das Beispiel Jesu.

Er konnte dich Vater nennen.

Denn er kannte dich von Ewigkeit her.

                Er ist dein eingeborener Sohn.

***

Er wollte dich Vater nennen.

Sogar in schwerer Stunde vertraute er dir.

                Er war sich deiner Liebe und Rettung gewiss.

***

Ausserdem sollte er dich als Vater bekannt machen.

Denn mit ihm ist dein Reich angebrochen.

                Er verwirklichte deinen guten Willen.

Unser Vater im Himmel…

So dürfen wir dich ansprechen.

Voller Hingabe, Vertrauen und Unterordnung.

Vermittelt durch das Leben und Sterben Jesu.

Ich kann dich Vater nennen.

Denn durch Jesus gabst du mir das Recht, dein Kind zu sein.

                Ich gehöre nun zu dir, mein Vater!

***

Ich will dich gerne Vater nennen.

Denn Jesu Geist versichert mir deine Liebe und Rettung.

                Ich vertraue dir, mein Vater!

***

Ausserdem muss ich dich Vater nennen.

Denn ich bin ein Kind und Erbin deines Reiches.

                Brauche mich in deinem Reich, mein Vater!

So bete ich nun voller Hingabe, Vertrauen und Unterordnung:

Unser Vater im Himmel.

Geheiligt werde Dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute

und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit

in Ewigkeit.

Amen

Inspiriert durch: Schneider-Flume, Gunda 2004. Grundkurs Dogmatik. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Fotos: http://www.pixabay.com

Gott ist vollkommen: Könnte es auch ein «behinderter» Gott sein?

Vermutlich kennt jede und jeder von uns Menschen, die mit einem Handicap leben müssen. Ein guter Freund von mir, der mit einer körperlichen Behinderung geboren wurde und im Rollstuhl sitzt, vertritt grundsätzlich die Haltung, dass sowieso jeder Mensch auf irgendeine eine Art und Weise mit Einschränkungen lebt, sei dies physischer oder psychischer Natur. Und da mag er vielleicht sogar recht haben. Ich persönlich litt nach einem Unfall über viele Jahre hinweg unter starken chronischen Schmerzen. Dieses Ereignis hatte nicht nur mein Leben auf den Kopf gestellt, sondern auch an meinem Gottesverständnis gerüttelt. Im Zuge einer vertieften Auseinandersetzung mit dieser Thematik stiess ich unter anderem auf das Buch der Religionssoziologin Nancy L. Eiesland mit dem Titel «Der behinderte Gott – Anstösse zu einer Befreiungstheologie der Behinderung» (2018). Der Buchtitel liess mich damals aufhorchen, weil er provokativ formuliert ist. Was im ersten Moment blasphemisch tönt, entpuppte sich jedoch als eine berechtigte Anfrage an klassische Gottesvorstellungen. Und so möchte ich die nachfolgende Frage in diesem Blogbeitrag etwas reflektieren, vertiefen und diskutieren: Gott ist doch vollkommen: Könnte es auch ein «behinderter» Gott sein?

Grundsätzliches

Im Grundsatz handelt es sich um eine Fragestellung aus dem Bereich der «Gotteslehre». Im Kern geht es um die Frage: Wie ist Gott? Im Buch von Alister E. McGrath zum Thema «Der Weg der christlichen Theologie» (2020) werden dabei unterschiedliche Aspekte der Gotteslehre beleuchtet. Darunter sind klassische Fragestellungen zu finden, wie: Ist Gott männlich oder ist Gott allmächtig? Andererseits werden auch modernere Ansätze erörtert, wie bspw. jene einer feministischen Theologie oder jene aus den Befreiungstheologien etc. Letztere können einem dabei helfen, einen anderen Zugang zu einem Thema zu gewinnen. Zur Frage, ob Gott auch als «behinderter» Gott gedacht werden kann, liefert McGrath in seinem Buch jedoch keine expliziten Antworten. Dafür erläutert McGrath jedoch, wie das Verständnis eines «vollkommenen Gottes» entstanden ist. Diese Vorstellung entstamme dabei der sogenannten «Natürlichen Theologie» und wurde vor allem durch den Philosophen und Theologen Thomas von Aquin (13. Jh.) geprägt. Für Thomas von Aquin ist gemäss McGrath die «Vollkommenheit» eine der grundlegendsten Qualitäten, welche Gott zugeschrieben werden könne. Gott ist von seinem Wesen her vollkommen. Dies widerspiegelt sich auch in der Schöpfung, jedoch in einem geringeren Umfang als Gott sie besitzt (siehe bspw. Mt 5,48).

Eine neue Perspektive

Die Autorin Nancy L. Eiesland dagegen erkennt im inkarnierten, auferstandenen und «verwundeten» Christus Gott für sich neu. Da ist nämlich Jesus Christus, welcher mit seinen beeinträchtigten Händen und Füssen und einer durchbohrten Seite (siehe Joh 20,24ff) genauso das vollkommene Abbild Gottes verkörpert, weil Christus nach einem christlichen Verständnis ganz Gott ist. In dem Sinne offenbart sich Gott für sie als den «behinderten» Gott. Zum besseren Verständnis dieser Aussage ist an dieser Stelle zu erwähnen, dass Nancy L. Eiesland (1964-2009) mit einer Knochenkrankheit geboren wurde und ihr Leben lang mit einer körperlichen Behinderung leben musste. Mit ihrem Buch plädiert sie für eine vollständige Inklusion von Menschen mit Behinderungen in die menschliche Gemeinschaft mit Gott. Aus ihrer Sicht verlangt dies nach neuen Symbolen, Glaubensformen und Praktiken. Dazu gehöre auch ein «behinderter» Gott.

Ich persönlich verstehe diesen Ansatz und kann es mir gut vorstellen, dass es Menschen mit einer Behinderung helfen kann, über diesen Ansatz einen Zugang zu Gott zu finden. Nichtsdestotrotz bedeutet dies jedoch nicht, dass Gott in Wirklichkeit so ist. Eieslands Ansatz scheint mir stark subjektiv und durch ihre Biografie geprägt zu sein – wie wir alle. In gewissen Massen ist Theologie immer auch biografisch und das gilt es zu reflektieren und auch kritisch zu hinterfragen. Aber der Anspruch dieses Zuganges ist im gewissen Masse schon, dass es sich hierbei um eine objektive Wahrheit handle: So ist Gott. Und Christus hatte ja nach dem biblischen Zeugnis Wundmahle; aber reicht das wirklich, um von einem «behinderten» Gott sprechen zu können?

Andere Sichtweisen

Im Februar 2023 wurde eine Radiosendung des Formats «Perspektiven» (srf.ch) mit dem gleichen Titel wie das Buch von Nancy L. Eiesland veröffentlicht. Darin wurde unter anderem der Inhalt dieses Buches diskutiert. Darin kam auch Erica Brühlmann-Jecklin zu Wort. Sie ist selbst stark geh- und sehbehindert und vertritt dabei die Haltung, dass es aus ihrer Sicht keine spezielle Theologie der Behinderung benötige. Gott als Schöpfer zu verstehen, genüge ihr. Es brauche kein besonderes Gottesverständnis eines behinderten Gottes. Ansonsten könne jede und jeder sich Gott nach seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen denken und dann wären wir aus ihrer Sichtweise bei einer Vielgötterei. Sie plädiert für eine Kirche für alle, eine Theologie für alle und einen Gott für alle.

Der Theologe Frank Mathwig sieht es dabei ähnlich. In einem Vortrag zum Thema «Inklusion», anlässlich der Mitgliederversammlung der Schweizerischen ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Gehörlosen- und Schwerhörigenseelsorge in Delémont (2012), vertritt er folgende Ansicht:

«Wer würde ernsthaft an einen «behinderten Gott» glauben und seinen Zusagen vertrauen wollen? (…) Wir glauben doch an einen Gott, der gerade nicht so ist wie wir; zerbrechlich und ängstlich, häufig zögerlich und hilflos, immer wieder kopf- und sprachlos und dann wieder dickköpfig und eigensinnig. (…) Menschen mit Behinderung sollen zwar selbstverständlich dazugehören, aber der christliche Gott ist – jedenfalls sofern wir ihn mit menschlichen Augen ansehen – ein souveräner, gesunder, kräftiger und attraktiver Gott.»

Die stellvertretende Selbsthingabe im Leiden und Sterben Christi am Kreuz stehe für Mathwig dabei überhaupt nicht in Widerspruch. Vielmehr zeige sich genau darin, dass nur der allmächtige Gott menschlich werden kann.

Schlussfolgerungen

Zusammenfassend lässt sich nun festhalten, dass dieser befreiungstheologische Ansatz eines «behinderten» Gottes einem helfen kann, eigene Gottesvorstellungen kritisch zu hinterfragen, einen etwas anderen Zugang zu Gott zu bekommen und sich vertiefter mit dem Thema von Inklusion auseinanderzusetzen. Dass sich die Vorstellung von Gott als ein «behinderter» Gott durchsetzen wird, glaube ich persönlich nicht. Sie würde weiterhin als Gotteslästerung betrachtet, erzeugt viele Spannungen und steht ein Stück weit auch in einem Widerspruch zu derjenigen eines vollkommenen Gottes.

Quellenangaben:

Fotografie:

Wenn Himmel und Erde sich berühren

Christen glauben an einen Himmel, an das ewige Leben. Doch wie sieht er eigentlich genau aus, dieser Himmel? Sind da alles Engel die auf Wolken sitzen, Harfe spielen und den ganzen Tag Halleluja singen? Tönt doch eher langweilig und nicht sehr erstrebenswert. Gibt es noch andere Vorstellungen vom Himmel, welche vielleicht nicht so langweilig sind? Und kann diese Vorstellung des Himmels mein Leben hier und heute verändern?

Wie sieht er aus, dieser Himmel?

Der Himmel wird in den Gleichnissen des Neuen Testaments häufig als etwas, was mit Gemeinschaft zu tun hat, beschrieben (McGrath 2013:666). Etwa als Hochzeitfest, Festmahl oder als Stadt (ebd.). Weiter wird der Himmel häufig auch damit beschrieben, was es dort nicht gibt, es gibt keine Tränen mehr, kein Leid, keinen Tod und keine Sünde.

Der Himmel ist der Wohnort Gottes sowie von Jesus (Rienecker 1980:611). Er ist der Aufenthaltsort der Engel sowie der Ort an dem alle Menschen, welche einmal in den Himmel kommen, sein werden. (Wer genau diese Menschen sind, lassen wir nun mal aussen vor, denn dies würde den Rahmen dieses Blogs sprengen.)

In der Bibel wird für den Himmel das Bild des neuen Jerusalems gezeichnet (McGrath 2010:226). Die Stadt wird als ummauerte Stadt und somit als sichere Stadt beschrieben. Sie steht auf einem Hügel. Ein Hügel, welcher von keinem Heer erklommen werden kann. Sie hat zwölf Tore, welche von Engeln bewacht werden, aber immer offen sind. Dies ist ein Hinweis darauf, dass Menschen in der Stadt willkommen sind (ebd.). Die Stadt hat keinen Tempel, denn es besteht kein Bedarf mehr für einen Tempel. Die Stadt selbst ist der Tempel und Gott befindet sich mitten unter seinem Volk (:227).

Wie wird nun aber die Gestalt von uns Menschen in diesem Himmel sein? Es gibt die Option, dass nur unsere Seelen wieder auferstehen. Origenes beispielsweise war der Meinung, dass nur unsere Seelen auferstehen (:228) Doch dies wurde bereits von frühchristlichen Theologen abgelehnt (ebd.). Wright begründet die körperliche Auferstehung damit, dass Jesus körperlich auferstanden ist und somit der Erste, welcher auferstanden ist (Wright 2016:178). Weiter schreibt er, dass auch wir eines Tages körperlich auferstehen werden, ganz nach dem Model von Jesus als auch körperlich (ebd.).

Weiter werden wir im Himmel Menschen wiedererkennen (Setzer 2014). Auch McGrath (McGrath 2010:232) beschreibt, dass es etwas vom schlimmsten des Todes ist, dass wir die Menschen nicht wiedersehen können. Im Himmel ist dies dann aber möglich. Was ein weiterer Pluspunkt für den Himmel darstellt.

Zusammengefasst wir der Himmel als etwas sehr Positives und Fröhliches beschrieben, wie etwa ein Fest. Als eine sichere Stadt und einen Ort ohne Negatives, wie etwa Trauer und Leid. Ein Ort an dem wir zusammen mit Gott leben können und zusammen mit unseren Liebsten. Das ist also alles andere, als einfach nur Harfe spielende Engel.

Doch welchen Einfluss hat der Himmel auf mein Leben heute? Ist er einfach eine schöne Vertröstung, etwas, was in Zukunft kommen wird aber leider heute keinen Einfluss auf mein Leben hat? Oder ist er etwas worauf wir warten, das jedoch mit unserem hier und jetzt nichts zu tun hat. ?

Kann dies mein Leben hier und heute beeinflussen?

Absolut! Doch weshalb?

Das Thema des Himmels steht in der Spannung des noch-nicht und des schon-jetzt. So schreibt McGrath (:223), dass die Hoffnung auf den Himmel schon unser heutiges Leben beeinflussen kann, wenn auch der eigentliche Himmel erst in Zukunft erfahrbar ist.

Wright (2016:231) schreibt, dass das Reich Gottes und das Himmelreich das gleich bedeuten.

Und Gottes Reich hat heute schon begonnen, denn dabei geht es um die souveräne Herrschaft Gottes, welche bereits in unsere gegenwärtige Welt hineinbricht (ebd.).

So werden eines Tages nicht nur wir Menschen transformiert werden bzw. auferstehen, sondern der ganze Kosmos (:121).

Die jetzige Schöpfung wird nicht einfach weggeworfen und es wird bei Null begonnen, sondern, die neue Schöpfung wird durch eine Geburt aus dem Mutterleib der alten entstehen (:132).

Himmel und Erde werden eines Tages zusammenkommen, der Himmel kommt dann auf die Erde herab (:133).

Dies wiederum hat direkte Konsequenzen für unser Leben heute. Denn damit ist nicht alles was wir heute tun vergeblich. Wright (:238) braucht hier den treffenden Satz «Du ölst nicht die Räder eines Wagens, der in Kürze eine Steilküste hinabstürzen wird». Vielmehr ist alles, was wir jetzt erreichen zu gegebener Zeit Teil der neuen Welt Gottes.

Gott wird eine Neuschöpfung erschaffen, diese Neuschöpfung hat mit Jesus Auferstehung begonnen und wird weitergehen, bis sie schliesslich ihre Vollendung erreicht. Alles Gute, was wir in der Gegenwart tun, ist damit nicht umsonst.

Es ist unsere Mission, die endgültig neue Schöpfung vorweg zu nehmen (:242)!

Ist das nicht ein schöner Gedanke, dass alles Positive, was wir heute tun, Eingang in Gottes neue Welt findet und nicht vergeblich ist?

Luther soll Folgendes gesagt haben: Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen“ (Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt o.J.). Ob er dies nun wirklich so gesagt hat oder nicht und ob, wenn er es dann gesagt hat, es auf unser Thema bezogen hat, sei dahingestellt. Aber das Bild illustriert auf gute Weise, wie wir anhand des eben behandelten Themas leben können.

Literaturverzeichnis

McGrath, Alister E. 2010. Theologie: Was man wissen muss. Giessen, Basel: Brunnen-Verl.

McGrath, Alister E. (Hg.) 2013. Der Weg der christlichen Theologie. 3., überarb. und erw. Aufl. Gießen: Brunnen.

Rienecker, Fritz (Hg.) 1980. Lexikon zur Bibel. 7. Aufl. d. Volksausg. 1980, 14. Gesamtaufl. Wuppertal: Brockhaus.

Setzer, Gerid 2014. Wie wird es im Himmel sein? URL: https://www.bibelstudium.de/articles/3035/wie-wird-es-im-himmel-sein.html [Stand 2023-03-10].

Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt o.J. Luther und das Apfelbäumchen. URL: https://www.luther2017.de/martin-luther/geschichte-geschichten/luther-und-das-apfelbaeumchen/index.html [Stand 2023-03-10].

Wright, N. T. 2016. Von Hoffnung überrascht: Was die Bibel zu Auferstehung und ewigem Leben sagt. 2. überarbeitete Auflage. Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Aussaat.

Bildverzeichnis

Kanenori. 2020. https://pixabay.com/de/photos/berg-gipfel-wolken-wolkenmeer-5678172/. [Stand 2023-03-10]

Jesus – ein guter Lehrer, der Grössenwahnsinnige oder doch Gott?

Jesus, ein Name welcher auch heute in einer säkularisierten Welt noch so gut wie jeder kennt. Aber gab es ihn überhaupt? Und wer war er wirklich? War er einfach ein guter Mensch, welcher vorbildlich gelebt hat? War er gar ein Prophet? Oder doch etwa Gottes Sohn und damit Gott?

Vermutlich würden der ersten Aussage die meisten zustimmen, der zweiten schon weniger und der dritten dann doch nur noch einige wenige. Doch warum halten die Christen daran fest, dass Jesus Gottes Sohn ist? Warum ist dies überhaupt so wichtig? Denn gerade, dass Jesus Gottes Sohn sein soll ist immer wieder ein Stein des Anstosses, weshalb lässt man diesen Aspekt dann nicht einfach weg? Ist es wirklich nötig, darauf zu beharren, dass Jesus Gottes Sohn ist und damit Uneinigkeiten und Streit zu provozieren?

Doch widmen wir uns zuerst der Frage ob es Jesus wirklich gab.

Gab es Jesus wirklich?

Schlosser (2007) schreibt, dass Jesus nie gelebt habe und nur erfunden sei. Doch dass Jesus wirklich gelebt hat wird in verschiedenen Quellen bestätigt. Jesus wird in diversen ausserbiblischen Quellen erwähnt und dass er gelebt hat scheint somit ausser Frage (Mederacke 2018) Im Jahr 2007 hat ein Forschergruppe versucht zu widerlegen, dass Jesus gelebt hat, musste allerdings aufgeben, da es zu unwahrscheinlich sei, dass Jesus nie gelet habe (Pöhner 2018). Somit hat diese Forschung indirekt bestätigt, dass es Jesus von Nazareth wirklich gab.

Nun bleiben die Fragen, wer er denn wirklich war? Gottes Sohn oder doch Grössenwahnsinnig? Und wieso ist es für Christen so wichtig, dass er Gottes Sohn ist?

Die Frage wer Jesus wirklich war, beschäftigt uns nicht erst seit heute, bereits zur Zeit Jesu war dies ein Streitpunkt (Riesner, Rainer, Prof. Dr. 2010:1). Auch damals hielten viele Leute Jesus einfach für einen guten Lehrer oder vielleicht einen Propheten (ebd.).

Heute zweitausend Jahre später scheint dies nicht gross anders zu sein. Denn auch heute noch, werden die ethischen, moralische und sittlichen Lehren von Jesus von den meisten Menschen anerkannt (Lewis 2010:1).

Doch dann tauchen die theologischen Aussagen auf, welche Jesus Grössenwahnsinnig erscheinen lassen können. Als Jesus beispielsweise in Mk14,61 gefragt wird, ob er Gottes Sohn ist, so antwortet er, dass er es sei und man ihn zur Rechten Gottes sitzen sehen werde (Mk 14,62). Jesus hat aber auch Sünden vergeben wie etwa in Mk 2,5 oder er sagt, dass er gezeugt wurde, noch lange bevor Abraham war (Joh 8.58). Ist dies alles nicht anmassend und grössenwahnsinnig?

Gewisse Stimmen sagen, dass Jesus solche Worte gar nie gebraucht hat, sondern die Jünger im Nachhinein in ihren Erzählungen übertrieben haben (:3). Doch dieser Erklärungsversuch ist irreführend. Denn alle Jünger von Jesus waren Juden und Juden glauben, dass es nur einen Gott gibt. Somit wäre es sehr komisch, wenn die Jünger ihrem Rabbi andichten würde, er hätte gesagt, er wäre Gott (:4). Nun könnten die Geschichten über Jesus auch einfach Legenden sein, doch einerseits haben wir bereits ausgeschlossen, dass Jesus eine Märchenfigur ist, sondern effektiv gelebt hat. Andererseits führt Lewis ins Feld, dass wir sehr wenig über das Leben von Jesus wissen und wenn ein Volk einen Helden aus ihm gemacht hätte, hätten sie diese Erzählungen besser ausgeschmückt (ebd.).

Somit gehe ich davon aus, dass Jesus wirklich gesagt hat, er sei der Sohn Gottes und ihm dies nicht einfach angedichtet wurde.

Doch was ist nun die die Konsequenz davon und weshalb ist dieser Aspekt so wichtig?

Jesus Gottes Sohn? Die Konsequenz…

Ist Jesus nur ein Mensch und Lehrer, dann helfen mir seine Lehren zwar ein gutes Leben zu führen, mehr aber auch wieder nicht. Gott bleibt dann immer noch ein Gott, welcher weit weg im Himmel ist.

Ist Jesus aber Gottes Sohn, so bedeutet dies, dass Gott selbst auf die Erde kam, um mit uns Menschen in Beziehung zu treten oder wie McGrath (2013:379) es ausdrückt geht es um die «offenbarende Präsenz Gottes» in Jesus. Gott offenbart sich in Jesus und ist nicht mehr länger ein unbekannter Gott. Gott wird sozusagen ein Gott zum Anfassen, ein Gott zum Spüren und Sehen.

Die Geschichte geht aber weiter, Jesus stirb am Kreuz und aufersteht drei Tage später wieder. Durch seinen Tod und die Auferstehung sind die Menschen mit Gott versöhnt. Hierbei geht es um die Wiederherstellung von Gemeinschaft und Heil (Eckstein, Hans-Joachim, Prof. Dr. 2010:2). Dabei ist die Erkenntnis sehr wichtig, dass Jesus nicht sterben und auferstehen musste, damit Gott uns lieben kann, nein weil Gott uns bereits liebt, hat er Jesus auf die Erde gesandt. Gott wälzt das Problem, dass der Mensch durch die Sünde von Gott getrennt ist nicht ab. Nein, Gott löst das Problem selbst, in dem er Mensch wurde und so die Versöhnung zwischen Gott und den Menschen wieder herstellt (ebd.).

Gott hat sich also mit sich selbst für uns eingesetzt, nicht etwa ein bisschen, sondern völlig ganz. Gott hat nicht erst abgewartet, ob wir uns diese Zuwendung auch wirklich verdient haben, sondern er geht all in. Gott gibt sich hin, damit wir mit ihm in Beziehung leben können.

Und dies ist der alles entscheidende Unterschied und deshalb ist es so wichtig, dass Jesus Gott ist, denn nur durch ihn können wir mit Gott in Beziehung treten.

Ich denke nun ist auch klar, wieso Christen nicht einfach, um des Friedens willen, die Lehre des Sohn Gottes abstreiten können. Denn wenn Jesus Gottes Sohn und somit Gott ist, dann hat Gott alles für die Menschen gegeben er ging auf den Menschen zu und trat mit ihm in Beziehung. Dies wiederum verändert meine Beziehung zu Gott radikal.

Literaturverzeichnis

Eckstein, Hans-Joachim, Prof. Dr. 2010. Menschen haben ihn getötet, Gott aber hat ihn auferweckt: Interview mit Prof. Dr. Hans-Joachim-Eckstein. URL: https://www.iguw.de/site/assets/files/1303/eckstein_h-j_kreuzigung-auferstehung-interview-2010_iguw.pdf [Stand 2023-01-21].

Lewis, C. S. 2010. Was sollen wir mit Jesus anfangen? Online im Internet: URL: https://www.iguw.de/site/assets/files/1327/lewis_-_was_sollen_wir_mit_jesus_anfangen.pdf [Stand 2023-01-21].

McGrath, Alister E. (Hg.) 2013. Der Weg der christlichen Theologie. 3., überarb. und erw. Aufl. Gießen: Brunnen.

Mederacke, Fabian D. t. 2018. 10 antike Quellen, die Jesus außer-christlich belegen. URL: https://www.begruendet-glauben.org/theologie/mederacke-2018-10-antike-quellen-die-jesus-ausser-christlich-belegen/ [Stand 2023-01-21].

Pöhner, Raloh 2018. Jesus: Die Fakten. URL: https://blog.tagesanzeiger.ch/historyreloaded/index.php/2582/jesus-die-fakten/ [Stand 2023-01-21].

Riesner, Rainer, Prof. Dr. 2010. Wer ist Jesus? Online im Internet: URL: https://www.iguw.de/site/assets/files/1360/riesner_-_wer_ist_jesus.pdf [Stand 2023-01-21].

Schlosser, H. D. 2007. Die Jesus-Lüge: Wie die Figur Jesus Christus erfunden wurde. 1. Aufl. Leipzig: Bohmeier.

Bildverzeichnis

Pixabay. 2016. Online im Internet: URL: https://pixabay.com/de/photos/jesus-christus-nach-unten-schauen-1250023/. [Stand 2023-01-21]

Sind Wunder etwas für uns?

Vor mehreren Jahren hatte ich mal ein Video von einem berühmten christlichen Pastor angeschaut. Seine Rede war an die Studenten seines Bibelseminars gerichtet, an die zukünftigen Pastoren, Gemeindeleiter und Missionare. Plötzlich hatte er etwas gesagt, was mich fast aus dem Stuhl geworfen hat. Seine Aussage lautete ungefähr so: „Das einzige wahre Wunder, das ihr in eurem Leben sehen werdet, ist die Bekehrung eines Menschen zu Gott“. Ich war zu der Zeit noch ein Anfänger im Glauben und kannte so eine Auffassung nicht. Erst danach wurde es mir bekannt, dass nicht wenige respektable und gottehrende Kirchen diese Position vertreten, und sie haben ihre Gründe. Ist das richtig? Waren die Wunder nur etwas für die Urgemeinden? Oder haben wir auch heute einen Anspruch auf Wunder und Zeichen?

Heute gibt es keine Wunder mehr!

Die Vertreter dieser Position argumentieren, dass Wunder und Zeichen nur von den Aposteln vollbracht wurden. Dabei ist 2 Kor 12:12 der Schlüsselvers: „Die Zeichen des Apostels sind ja unter euch vollbracht worden in allem Ausharren, in Zeichen und Wundern und Machttaten.“ Gott nutzte Zeichen und Wunder, die Apostel auszuweisen und ihnen die Autorität zu verleihen. Das könnte damit verglichen werden, wie Gott Mose auch die Macht gegeben hat, Wunder zu tun. Heute gibt es aber keine Apostel mehr, mindestens nicht in der Art, wie zu den Zeiten der Urgemeinde. Es kann nicht bestritten werden, dass die Apostel viele beeindruckende Wunder vollbracht haben, besonders Petrus (Apg 5,12-16) und Paulus (Apg 19,11-2).

Waren es nur die Apostel?

Was ist der biblische Befund? Waren es nur die Apostel, die die Wunder bewirkt haben? In den Evangelien lesen wir, wie Jesus 72 Jünger rausschickt und ihnen die Kraft verleiht, die Kranken zu heilen (Lk 10,9) und Dämonen auszutreiben (Lk 10,17). Zudem gab es noch einen unbenannten Mann, der in Jesu Namen Wunder gemacht hat (Luke 9:49–50). Es war also nicht nur auf die 12 Apostel Jesu begrenzt. In der Apostelgeschichte lesen wir auch von anderen Menschen neben den 12 Aposteln, die Wunder vollbrachten: Stephanus (Apg 6,8), Philippus (Apg 8:6–7), Hananias (Apg 9,17–19) und Barnabas (Apg 14,3). In den Paulusbriefen lesen wir, dass Wunder in den galatischen Gemeinden und in Korinth geschehen, in denen gerade kein Apostel anwesend ist (1 Kor 12,10; Gal 3,5).

Im Endeffekt sind alle Wunder auf Jesus zurückzuführen. Der Autor des Lukasevangeliums und der Apostelgeschichte, schreibt in Apg 1,1-2, an Theophilus, dass das von ihm geschriebene Evangelium den Anfang von Jesu Wirken darstellt. Die Apostelgeschichte soll dementsprechend Jesu weiteres Wirken beschreiben. Es gibt also die konkrete Kontinuität zwischen den Evangelien und der Apostelgeschichte – beide beschreiben Jesu Wirken; ob er es von der Erde aus oder vom Himmel aus machte, ob es noch keine Gemeinde gab oder schon eine Urgemeinde gab, spielte dabei keine Rolle. In der heutigen Gemeinde sollte es nicht anders sein, solange es Jesus ist, der durch die Gemeinde wirkt. Wunder sollten also immer noch möglich sein.

Wie sollten wir vorgehen?

Ist es korrekt, Gott darum zu bitten, dass er Wunder durch seine Gemeinde wirkt? Es gibt richtige und falsche Gründe, nach so einer Wirkung zu trachten. Es ist falsch nach Wundern zu trachten in folgenden Fällen (Grudem 1995:370-1):

  • Wenn man eigenen Ruhm, Macht oder Einfluss vorantreiben möchte, wie es Simon der Zauberer gemacht hat. Apostel Petrus hat ihn zur Buße gerufen (Apg 8,21-22).
  • Wenn man bespaßt werden möchte. König Herodes wollte von Jesus ein Wunder sehen, er hat von ihm aber nicht einmal eine Antwort bekommen (Lk 23,8).

Das positive Beispiel finden wir in Apostelgeschichte 4. Petrus und Johannes waren gerade aus dem Gefängnis entlassen, nachdem sie aufgrund der Verkündigung des Wortes verhaftet wurden. Als die Gemeinde von ihnen erfahren hat, dass es ihnen verboten wurde, das Evangelium weiter zu predigen, gingen sie zusammen ins Gebet. Die Verse 29-30 sind hier von Interesse: „Und nun, Herr, sieh an ihre Drohungen und gib deinen Knechten, dein Wort mit aller Freimütigkeit zu reden; indem du deine Hand ausstreckst zur Heilung, dass Zeichen und Wunder geschehen durch den Namen deines heiligen Knechtes Jesus.“ Es liegt der Gemeinde am Herzen, weiter das Wort zu predigen und so Gottes Reich verbreiten zu können; für diesen Zweck bittet die Gemeinde Gott um Wunder. Das Gebet wird von Gott als positiv empfangen, denn nach dem Gebet bewegte sich die Stätte ihrer Versammlung, sie werden alle mit dem Heiligen Geist erfüllt und reden das Wort Gottes mit Freimütigkeit (Apg 4,31).

Wir sehen also, dass wenn wir entweder persönlich oder als Gemeinde Gott um Wunder bitten, müssen unsere Motive rein sein. Ansonsten, wenn sie falsch sind, wird Jesus gar nichts antworten oder uns sogar ermahnen müssen.

Literaturverzeichnis

Grudem, Wayne A. 2004. Systematic Theology: An Introduction to Biblical Doctrine. Leicester, England; Grand Rapids, MI: Inter-Varsity Press; Zondervan Pub. House.

„Glauben“-Ein Blick aus dem dogmatischen (Blick-)Winkel

„Glauben“ dieses Wort hat für jeden von uns eine bestimmte Bedeutung und löst bestimmte Emotionen bei uns aus. Darüber hinaus hat es verschiedenste Facetten, die von vielen jedoch gar nicht erkannt bzw. beachtet werden. Grammatikalisch kann gefragt werden, ob das Verb oder das Nomen gemeint ist. In diesem Blogbeitrag möchte ich mit dir gemeinsam einige der vielen Facetten dieses Wortes näher betrachten. Dazu lass und gemeinsam auf die Definition von Glauben schauen, wie sie der evangelische Erwachsenenkatechismus uns bereitstellt:

Der Glaube gehört-wie Liebe und Treue, wie Mut und Hoffnung und die Freundschaft-zu den größten Gaben des Menschen und ist gleichwohl kein Besitz und kein Können. Der Glaube hat deswegen aus- ähnlich wie die Liebe, die Freundschaft oder die Treue- eine ganz eigene Sprache entwickelt: Menschen können bekanntlich die schönsten, tiefsten und würdigsten Dinge sagen allein aus Liebe, allein aus Freundschaft, allein aus Treue. Aber wenn man anfängt Liebe, Treue oder Freundschaft beweisen zu wollen, ist die Sache schon verloren. […]  Der Glaube ist-wie die Liebe, die Treue oder die Hoffnung-der Einspruch gegen die Behauptung, nur das Berechenbare sei wirkliches Wissen; denn der Glaube spricht anders von seinem Wissen: Er spricht in Bildern und Vergleichen, in Geschichten und Symbolen (Evangelischer Erwachsenenkatechismus: 11).

Und tatsächlich zeigt der Blick in die Bibel zu Jesus, dass dieser vom Glauben in Bildern und Gleichnissen sprach, er Gott den Menschen mit Parabeln und Geschichten näherbringen wollte. Sein Leben und seine Gleichnisse, Erzählungen usw. wurden dann wiederum selbst zu Geschichten. Die schriftlichen Grundlagen des christlichen Glaubens sind demnach vereinfacht gesagt Geschichten über einen Geschichtenerzähler, der den Menschen Gott näherbringen wollte. Wie gesagt, vereinfacht gesagt, denn der christliche Glaube sieht in Jesus eben erheblich mehr als einen Geschichtenerzähler. Für uns Christen ist Jesus Gottes Sohn und damit eine der drei Seinsweisen[1] Gottes. Wir Christen richten unseren Glauben an Jesus aus, während andere Glaubensrichtungen ihren Glauben an anderen Göttern ausrichten.

Jeder Mensch hat etwas, worauf er seine Erwartungen und Hoffnungen richtet. „Woran du dein Herz hängst und worauf du dich verlässt, da ist eigentlich dein Gott“. In diesem weit gefassten Sinn kommt Glaube bei allen Menschen vor-denn jeder hat etwas, woran er sein Herz hängt, worauf er vertraut. Glaube rückt näher, wenn er in dieser Weise als Grundphänomen menschlicher Existenz beschrieben wird. (Evangelischer Erwachsenenkatechismus: 12).

Im religiösen Sinne kann das Wort Glauben sowohl Verb sein als auch Nomen. Der Glaube (einer Gemeinschaft) beschreibt dann Glaubensgrundsätze. Wenn jemand „glaubt“ oder „Glauben hat“, dann folgt er diesen Grundsätzen, er hält sie für richtig und wahr.

Der christliche Glaube ist also das, was die Christen für wahr und richtig halten. Über den christlichen Glauben haben sich bereits viele Menschen Gedanken gemacht. Ideen und Grundsätze des christlichen Glaubens heißen Dogmen. Menschen, die sich mit den Regeln und Grundlagen des Christentums befassen, werden Dogmatiker genannt. Ein bekannter Dogmatiker ist Wilfried Härle. Er beschreibt den Glauben u. a. als „Vertrauen“. Für ihn ist Vertrauen um ein Verhältnis, in dem einer x auf den oder andere(n) y vertraut. Man, so Härle, bewegt sich im Prozess des Vertrauens von sich selbst (x) weg und hin zu dem anderen (y).                                                                                                                                                                Der christliche Glaube, so Härle weiter, möchte als unbedingtes Vertrauen verstanden werden, dass von seinem Gegenüber, Gott, alles Gute erhofft und empfängt. (Vgl: Härle: 57 ff.)

Ein Christ vertraut also darauf bzw. glaubt daran, dass er von Gott alles Gute empfangen kann. An etwas glauben heißt, in anderen Worten, dass man etwas für „wahr“ hält.

 Dazu äußert sich Härle wie folgt:

Ob eine Person etwas für wahr halten, also als glaubwürdig anerkennen kann, hängt zuallererst davon ab, wie sich das Gegenüber ihr erschlossen hat und immer wieder erschließt.

Als Christen glauben wir, bzw. halten wir führ wahr, dass Gott sich uns immer wieder erschließen möchte. Gott sucht, unserem Glauben nach, die Beziehung zum Menschen und möchte mit jedem Einzelnen eine persönliche Beziehung aufbauen. Dennoch kann es vorkommen, dass Menschen es erleben, dass sie nicht glauben können. Sie würden gerne an Gott glauben, erleben es aber, aus welchen Gründen auch immer, als Unmöglichkeit. Auch dies wird im obigen Zitat Härles deutlich. Gott, das Gegenüber des Glaubens muss sich uns gegenüber erschließen lassen; er muss bereit sein, Glauben zu wecken. Aber was bedeutet dies nun für mich und für andere Menschen? Nun einfach ausgedrückt geht es ohne Gott nicht. Gott kann sich einem verbergen, ja entziehen, sodass man ihn nicht kennenlernen kann. Die Vermutungen darüber, warum sich Gott einem Menschen entziehen möchte, ist, frei nach Michael Ende, ein anderer Blogbeitrag und soll ein andermal gepostet werden. Die Tatsache, dass es nicht an uns liegt, ob Gott sich uns offenbart (zu erkennen gibt) sollte uns Menschen jedoch nicht davon abhalten, Gott zu suchen. Als Christ kann man aus einer Vielzahl von Konfessionen wählen. Konfessionen sind, vereinfacht gesagt, Interpretationen des christlichen Glaubens. Jede Konfession setzt ihre Schwerpunkte etwas anders, aber alle christlichen Konfessionen basieren auf der Lehre Jesu, wie sie in der Bibel überliefert ist und auf christlichen Bekenntnissen, in denen weitergehende Glaubensgrundsätze zusammengefasst sind. Der christliche Glaube kann daher als „bunt“ beschrieben werden, immerhin ist für jeden Typ Mensch etwas am und im christlichen Glauben zu finden. Das ist natürlich eine weltliche Sicht, denn Gott hat an allen Menschen Interesse, und liebt jeden, weil er jeden geschaffen hat, egal was sie mitbringen oder zu bieten haben, das glaube ich, und du?


[1]Als Äquivalent für „persona“, um „Vater, Sohn und Heiligen Geist“ in ihrer Unterschiedenheit und jeweiligen Besonderheit (bei identischem Wesen) zu bezeichnen. Der Begriff „Seinsweise“ ist weniger festgelegt und nicht so mit der Vorstellung einer selbstbewußten (sic!) Instanz verbunden wie der Personbegriff (sic!). Er eignet sich deshalb weitaus besser, um die Unterschiedenheit zwischen „Vater, Sohn und Heiligem Geist“ auszusagen, ohne damit schon terminologisch die Einheit und Einzigkeit Gottes in Frage zu stellen (Härle: 390). 

Was macht eine Kirche zu einer Kirche?

Unter dem Begriff Kirche wird heute oft ein Gebäude verstanden, indem christliche Gottesdienste gefeiert werden. Die Bezeichnung bezog sich ursprünglich aber nicht auf ein Gebäude, sondern die Versammlungsgemeinschaften der Christen. In diesem Blog soll es also nicht um kirchliche Architektur, sondern um christliche Gemeinschaften gehen.

Kirchgemeinden gibt es heute in den unterschiedlichsten Formen und Grössen. Die Ausprägungen sind so vielseitig, wie die Menschheit. Doch was macht eine Kirche aus? Was ist ihr gemeinsamer Nenner? Was macht eine Gemeinschaft schliesslich zu einer Kirche?

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Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, gehen wir am besten zurück zu den Anfängen der Kirche. Im Neuen Testament fällt auf, dass zur Zeit, als Jesus auf der Erde wirkte, die Vorstellung von Kirche noch nicht wirklich zu bestehen schien. Erst in der Apostelgeschichte sowie in den Briefen von Paulus wird das entsprechende griechische Wort ἐκκλησία häufig verwendet (Coenen 2014:1141). Es bezeichnet die Versammlung der von Gott zusammengerufenen gläubigen Menschen aus der ganzen Welt. Das Wort wird sowohl für die Versammlung an einem spezifischen Ort wie auch für die Gemeinschaft der Gläubigen verwendet (:1136). In Apg 2,42 lesen wir von den Hauptschwerpunkten der ersten Gemeinde: Lehre der Apostel, Gemeinschaft, Brotbrechen und Gebet (Lachenmann 1993:172).

Seither ist viel passiert. Die Kirche hat sich entwickelt und immer wieder neue Formen angenommen. Aufgrund von unterschiedlichen Ansichten, wie eine Kirche sein sollte oder was sie zu verkünden hat, kam es zu Spaltungen. Im 16. Jahrhundert kam Luther zum Schluss, dass die katholische Kirche nicht mehr als wahre Kirche angesehen werden könne, da sie das Evangelium der Gnade missachtet hätte (McGrath 2020:548). Seither haben sich Theologen immer wieder mit der Frage nach dem wahren Kirchenverständnis befasst. Einige Ansätze möchte ich euch hier vorstellen:

Repräsentantin Christi

Henri de Lubacs war ein Theologe, welcher das katholische Verständnis der Kirche stark geprägt hat. Für ihn war die Kirche das «Sakrament Christi», welches Jesus in dieser Welt vertritt (McGrath 2020:555). Nach ihm sei die Kirche nicht nur eine Fortsetzung von Jesu Dienst, sondern von seinem Wesen selbst (ebd.). Karl Rahner baut auf diesem Verständnis auf und sieht die Kirche dazu berufen, Christus in dieser Welt zu verkörpern. Diese Auffassung betont zudem den institutionellen Charakter einer Kirche (:556)

Verkündigung der guten Nachricht

Für Martin Luther war Gottes Wort das zentrale Element einer Kirche. Er beschreibt die Kirche als ein Ort, wo das Wort Gottes Bestand hat und Menschen im Gehorsam gegenüber Gott wachsen (McGrath 2020:548). Eine Kirche sei nur dann wahre Kirche, wenn sie das Evangelium verkündet (:549). Auch Karl Barth betont das Wort Gottes als wesentliche Eigenschaft der Kirche. Eine Gemeinschaft wird dann zur Kirche, wenn Sie die gute Nachricht von Jesus Christus verkündigt und aufnimmt (:557).

Gegenwart des Geistes

Ein anderer Fokus auf das Verständnis von Kirche begegnet uns bei Leonardo Boff und Johannes Zizoulas. Für sie ist das Wirken des Heiligen Geistes eine wesentliche Eigenschaft der Kirche (Mc Grath 2020:558). Sichtbar wird dies gemäss Boff, indem Menschen sich versammeln, Christus bekennen, ihm nachfolgen und sein Erlösungswerk feiern (:559). Für ihn muss Kirche zudem nicht zwingend als Institution verstanden werden (:558). Betont wird bei dieser Auffassung, dass eine Kirche immer in Abhängigkeit vom Geist und nicht aus sich selbst heraus entstehen kann (Lachenmann 1993:172). Die Lehre der Verkörperung greife demnach zu kurz (ebd.)

Jesus Christus als Zentrum

Was verbindet die verschiedenen Ansichten? Alle oben beschriebenen Ansätze waren geprägt von einer Aussage von Ignatius, einem Theologen des 1. und frühen 2. Jahrhunderts. Er behauptete: «wo Christus ist, dort ist die (katholische) Kirche (McGrath 2022:554)». Es ist letztendlich dieses Merkmal, dass die Einheit der Kirche trotz ihrer unterschiedlichen Ausprägungen zusammenhält. Kirche gründet in Jesus Christus (:566). Die bewusste christliche Prägung und Bekennung unterscheiden eine Kirche schliesslich von anderen Gemeinschaften (Boff 1980:22).

Eine allgemeingültige Definition lässt sich wie folgt zusammenfassen: Kirche versteht sich immer als Kirche Christi und bezeichnet ein Zusammenkommen von Menschen unter dem Wirken vom Heiligen Geist. Im Leben dieser Menschen kommt Gottes Gegenwart zum Ausdruck. Sie orientieren sich am Leben Jesu und sind sie ein Zeugnis für diese Welt (Coenen 2014:1162). Kirche ist dabei nicht an eine bestimmte Form gebunden und war es auch im Neuen Testament nicht. Sie ist in erster Linie ein Ereignis, das an einem bestimmten Ort stattfindet, gleichzeitig aber zur weltweiten Glaubensgemeinschaft gehört (:1163).

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Fazit

Die Formulierung, dort wo Christus sei, sei die Kirche, empfinde ich zwar als etwas unspezifisch, da ich überzeugt bin, dass Jesus auch dort wirkt, wo sich noch niemand zu ihm bekennt. Jedoch stimme ich absolut zu, dass er der gemeinsame Nenner der Kirche ausmacht. Kirche geschieht für mich in Gemeinschaften, wo Jesus Christus im Zentrum steht und Gottes Wort und damit die gute Botschaft von Jesus Christus zum Ausdruck kommt. In welcher Form dies geschieht ist für mich nicht entscheidend. Am engsten vertraut bin ich mit dem Verständnis der Verkündigung. Dieses Kriterium scheint mir auch am besten prüfbar. Trotzdem finde ich es wichtig, auch für andere Ausprägungen von Kirche offen zu sein, da man durch die Betonung des einen Schwerpunktes oft einen anderen vernachlässigt. Auch wenn Strukturen hilfreich sind, muss eine Kirche meiner Meinung nach nicht zwingend institutionalisiert sein. Ich stimme schliesslich zu, dass Kirche nur durch die Kraft des Heiligen Geistes möglich ist und kein Produkt der Menschen ist. Schwieriger finde ich es, dieses Kriterium tatsächlich zu beurteilen und finde es daher wichtig, Kirchen nicht vorschnell ihre Kirchlichkeit abzusprechen.

Literaturverzeichnis

Boff, Leonardo 1980. Die Neuentdeckung der Kirche: Basisgemeinden in Lateinamerika. Mainz: Matthias-Grünewald-Verlag.

Coenen, Lothar 2014. Kirche. Theologisches Begriffslexikon zum Neuen Testament3, 1136-1167.

Lachenmann, Hans 1993. Bekenntnis, Zweifel, Vertrauen: Das Apostolische Glaubensbekenntnis. Bd. 2. Biblisch-Theologische Grundlagen. Stuttgart: Calwer Verlag.

McGrath, Alister E. 2020. Der Weg der christlichen Theologie. 4. Aufl. Giessen: Brunnen Verlag.

Bildverzeichnis

Spielmann, Robin 2018. Gloomy faith. Online im Internet: https://unsplash.com/photos/XuIQmhdGUMY [18.09.2022].

Botsford, Matt 2017. Hands High, Heart abandoned. Online im Internet: https://unsplash.com/photos/bBNabN9R_ac [18.09.2022].

Leben nach dem Tod?

Wir kennen das Leben. Nach dem Leben werden wir sterben. Das ist ein Fakt, auf den mich ein Freund unbequem aufmerksam gemacht hat. «Wir werden hier alle sterben!», schrieb er mir auf WhatsApp, nachdem ich ihn gefragt habe, wie es ihm geht. Recht hat er. Auch ich bin durch den Tod meiner Mutter schon mit dem Ende des Lebens in Kontakt gekommen. Doch es gibt Hoffnung, richtig? Die christliche Theologie spricht doch schon seit je her darüber, das Leben nach dem Tod, die Ewigkeit, das ewige Leben.

Doch eine Frage plagt mich schon seit langem. Wie müssen wir uns das Leben nach dem Tod vorstellen?

Ein Lied, welches mich zu diesem Thema inspiriert ist «Immortal» von For Today.

Eine besondere Stelle aus dem Lied lautet: “He came, with heaven’s dream, to awaken dead men”. Also: “Er ist gekommen, mit dem Traum des Himmels, tote Menschen zu erwecken».

Bild: Pixabay

Dass es eine Ewigkeit gibt, stelle ich nicht in Frage. Schlussendlich ist es Gott selbst, der schon immer da war und immer da sein wird.

Hast du es nicht erkannt, hast du es nicht gehört: Ein ewiger Gott ist der HERR, der die Enden der Erde geschaffen hat! Er ermattet nicht und wird nicht müde, seine Einsicht ist unerforschlich.

  • Jesaja 40,28

Doch, wie sieht es damit aus, dass wir ein ewiges Leben haben?

Jesus spricht das ewige Leben im Gleichnis vom Reichen und dem Kamel, welches durchs Nadelöhr geht, an (Matthäus 19,16-30; Markus 10,17-31; Lukas 18,18-30).

und nicht ein Vielfaches wieder empfängt hier in dieser Zeit und in der kommenden Welt ewiges Leben.

  • Lukas 18,30

Der griechische Begriff, welcher hier als «ewiges Leben» dargestellt wird, kann auch als «age-long», also eine «Zeit-lang» übersetzt werden. Es ist also nicht klar, ob Jesus wirklich «ewig» gemeint hat oder ob er von einem Leben nach dem Tod spricht.

Um dem Titel des genannten Liedes «Immortal» von For Today gerecht zu werden, kommt nun das Thema der Unsterblichkeit. «Immortal» bedeutet soviel wie «unsterblich» und passt insofern, dass ein ewiges Leben mit der Unsterblichkeit im Zusammenhang steht. Es macht Sinn, dass wenn man ewig lebt, man auch unsterblich ist. Zu diesem Thema gilt eine Grundregel, die menschliche «Unsterblichkeit», falls es sie gibt, ist nicht mit der göttlichen Unsterblichkeit zu verwechseln.

Kurz und bündig gesagt gibt es zum Thema Unsterblichkeit eine Problematik: Eine Lehre zur Unsterblichkeit finden wir in der Bibel nicht. Zumindest nicht so, dass man ewig lebt. Es ist eine Frage der Definition. Beschreiben wir «Unsterblichkeit» mit einer anderen Bedeutung, als auf welche ich angespielt habe, nämlich mit dem «Fortleben nach dem Tod», kommen wir der Sache näher.

Wir sehen, dass der Begriff «Ewiges Leben» eher unpassend ist. Dem Titel dieses Beitrags entsprechen, können wir aber von einem «Leben nach dem Tod» sprechen.

Dass dem so ist, wird in Hesekiel 37,1-14 klar. Dort wird ein Körper beschrieben, der wiederbelebt wird, nachdem er tot war- Gott gibt dem Körper einen neuen Lebensatem.

Wenn wir vom Leben nach dem Tod sprechen, können wir von Auferstehungshoffnung sprechen. Während das Lied von For Today täuschen mag, dass es um Unsterblichkeit geht, spricht es im bereits genannten Liedtext auch um das Thema der Auferstehung. Schlussendlich können wir uns Christus als Vorbild nehmen, denn er ist auch auferstanden. Es ist folgender Bibeltext, auf den wir uns stützen können:

Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Nicht alle werden wir entschlafen, alle aber werden wir verwandelt werden, im Nu, in einem Augenblick, beim Ton der letzten Posaune; denn die Posaune wird ertönen, und die Toten werden auferweckt werden, unverweslich, und wir werden verwandelt werden. Denn was jetzt vergänglich ist, muss mit Unvergänglichkeit bekleidet werden, und was jetzt sterblich ist, muss mit Unsterblichkeit bekleidet werden.

  • 1. Korinther 15,51-53

Das wohl bekannteste Buch der Bibel welches uns eine Ahnung über das Kommen Christi geben kann ist die Offenbarung des Johannes, auch Johannesapokalyptik genannt. Hier eine bildliche Darstellung der Thematik der Offenbarung:

Bild: Jonathan Brändli

Doch seien wir vorsichtig. Die Offenbarung ist nicht ein Buch, welches uns Massstäbe gibt, mit welchen wir den Weltuntergang berechnen können. So ist ein Buch, welches uns eine Vorstellung geben kann. So ist es der jüdische Religionswissenschaftler, der folgendes gesagt hat: «Man kann die Bibel nur wörtlich nehmen oder ernst. Beides zugleich geht nicht.»

Was ist denn der Sinn der Apokalyptik, wenn sie uns nicht sagen kann, wie dieses «Leben nach dem Tod» aussehen wird?

Die Apokalyptik, ein Genre der Literatur, welches sich mit dem Ende der Welt befasst, und ebenso nicht nur im christlichen Kontext zu finden ist, hat nicht das Ziel die Zukunft vorauszusagen. Ein anderer Blickwinkel scheint in den Vordergrund zu treten. Nämlich, dass es uns Mut zuspricht. Insofern, dass wir darauf vertrauen dürfen, dass es ein Zusammenleben mit Gott gibt, welches über den Tod hinaus geht.

Der Liedtext von «Immortal» beinhaltet ebenfalls auch den Satz: «Everyone dies, but not everyone truly lives.» Auf Deusch: «Jeder stirbt, aber nicht jeder lebt echt.»

Es stimmt, wir haben Hoffnung. Doch haben wir auch ein Leben, welches lebenswert ist. Es ist nämlich genau diese Hoffnung, welche unserem Leben einen Sinn gibt. Einen Sinn, nach dem Leben nicht einfach nicht mehr zu sein.

Nur wie dieses «Leben» nach dem Tod aussehen wird, wissen wir nicht. Das Leben wie wir es verstehen, kann nur als Metapher auf «das Sein» nach dem Tod angewendet werden, da dessen Art und Inhalt unsere Vorstellungskraft übersteigt. Wir können nicht wissen, ob eine Existenz nach dem Tod unsere Definition des Begriffs «leben» – z.B. biologisches oder soziales leben – erfüllt und folglich ist dieser Begriff nur eine Annäherung.

Sofern es auch unsere Vorstellungskraft übersteigen mag. Anhaltspunkte haben wir. Dazu gleich zwei:

  1. Entrückungen
  2. Nahtoderfahrungen

Von Entrückungen lesen wir besonders im Alten Testament. Doch Nahtoderfahrugen sind etwas, was die Leute heute erleben! Sind Sie ein Zeichen von dem was kommt?

Literaturverzeichnis:

Websiten:

bibelwissenschaft.de

biblehub.com

Primärliteratur:

Zürcher Bibel

RGG4

Wuppertaler Studienbibel

Weiterführende Literatur:

Blocher Henri 2001. Yesterday, Today, Forever. Time, Times, Eternity in biblical Perspective, Tyndale Bulletin

Moody, Raymond A. 2019. Leben nach dem Tod, rowohlt-Verlag

Ist Gott Allmächtig?

Jeder, ob Christ oder nicht Christ, hat höchstwahrscheinlich im Zusammenhang mit Gott das Wort Allmacht gehört. Wenn beschrieben wird, wie Gott ist, ist diese Beschreibung nahe, und das aus guten Gründen, ihm ist nichts unmöglich, keiner ist mächtiger, keiner weiser. Heißt das, er ist allmächtig?

Die drei Gesichter der Macht | leanbase.de

Schauen wir in die Bibel, ist es nicht zu übersehen, Gott kann alles und hat alles gemacht. Im ersten Teil der Bibel, dem Alten Testament, erlebt das von Gott erwählte Volk Israel genauso wie später andere Gottes helfende und barmherzige Macht. Sie haben also gute Gründe, ihn zu loben, und deswegen finden wir eine Bibel vor, die vollgefüllt ist, voll ist vom Lob der Allmacht Gottes. Er beweist, dass man sich vertrauensvoll an ihn wenden kann. Als souveräner Lenker der Weltgeschichte entscheidet er, wer gewinnt. Die Welt hört auf Gott, früher oder später müssen alle Völker und Menschen auf ihn hören. So sehr manche Menschen den Lügen Satans glauben, kann auch er sich Gott nicht entziehen. In Lukas 1, 37 erzählt uns die Bibel, das Gott nichts unmöglich ist. Was genau es bedeutet, dass Gott nichts unmöglich ist, schauen wir uns an, indem wir den Begriff Allmacht näher betrachten (Stubhann 2008.)

Wiedersprüche

So gerne wir das Wort in unserer Sprache gebrauchen, widerspricht sich der Begriff selber. Das ergibt sich aus der Macht, die man dann innehat. Eine solche Macht ist durch nichts begrenzt, auch die Existenz von etwas anderem kann dieser Macht nichts entgegenstellen. Tatsächlich wäre bloß das Dasein von etwas anderem eine Einschränkung. Uneingeschränkte Macht hat nichts, auf das sie wirken kann. Damit Macht wirken kann, braucht sie etwas auf das sie diese ausübt. Sobald nun aber etwas anderes da ist, kann keins der beiden mehr Allmächtig sein. Das eine bedingt das andere. Natürlich kann die Macht des einen trotzdem deutlich höher sein. Das Dulden des Anderen Gegenstands limitiert die Macht der mächtigeren Wirkkraft, denn dadurch, dass es existiert, ermöglicht es dem anderen überhaupt erst, eine Wirkkraft zu sein. Es lässt sich also festhalten, das Macht ein Verhältnisbegriff ist. Macht ohne ein gegenüber ist keine Macht. Im Interagieren mit meiner Umwelt erfahre ich, dass ich Macht habe (Hans 2013.)

Macht

Nach diesem Einwand dagegen, Gott als allmächtig zu beschreiben, wenden wir unseren Blick von einer anderen Perspektive auf das Thema. Wenn Gott in der Bibel beschrieben wird, dann geschieht das oft in rühmender Form, um ihn vom nicht göttlichen abzuheben. Neben dem Dank soll auch klar werden, dass niemand so ist wie Gott keiner in der Lage wäre, die Dinge zu tun, die er tut. Wenn Gott so beschrieben wird, dann oft als allmächtig. Im Alten Testament äußert sich das wie folgt: Er ist der mächtige und genügende Gott der Vorfahren und allen Mächten überlegen. In der Septuaginta wird in den Gottespreisungen von Allherscher gesprochen. Im Neuen Testament finden wir diese Beschreibung eher selten. Dennoch wird überall klar kein Prinzip, steht Gott entgegen. Die Gefahr eines Missverständnisses entsteht jedoch, wenn man davon ausgeht, dass Gott alles möglich ist, das nicht unmöglich erscheint, ob mit philosophischer oder moralischer Betrachtung. Problem ist hier die Theodizee. Die Rechtfertigung Gottes. Der denkerische Versuch zu beweisen, dass das Böse und damit verbundene Leiden die Existenz eines guten Gottes nicht aufheben. Kurz gesagt kommt man hier in eine Zwickmühle bei der Erklärung wie Gott auf der einen Seite alles möglich, ist er auf der anderen Seite das Leid nicht beendet. Eine Problematik, dessen weitere Ausführung den Rahmen des Blogs sprengt, aber beim Bedenken des Themas durchaus einfließen sollte. Nun wieder zurück zu Gottes Wesen. Als allmächtig könnte man ihn beschreiben, weil es ihm an keinem Mittel fehl, seine Pläne auszuführen. Allmacht kann jedoch das falsche Wort sein, da es ein sehr menschliches Wort ist, das von einer positiven Bedeutung des Begriffs Macht gebildet wurde. Es richtet sich gegen das Herrschende. Hierzu braucht es gegebenenfalls eine kurze Erläuterung, in der ich nun mit drei Punkten verdeutlich werde, was hiermit zur Diskussion beigetragen werden kann.  Erstens, Gottes Macht ist nicht Allwirksamkeit. Sie äußert sich als eine schöpferische Macht, und sie gibt uns die Möglichkeit, frei und verantwortlich zu handeln. Zweitens wird deutlich, dass sich die Allmacht Gottes in Verschonen und Erbarmen zeigt. Der dritte Punkt ist, dass alle Möglichkeiten in Gott ihren Ursprung haben. Gottes unbegreifliche Macht hat das letzte Wort. Wenn wir also Allmacht sagen, meinen wir etwas anderes als das, was Gottes Macht ist. Gott hat ein ganz anderes Verständnis von dem, was Macht ist (Vorgrimler 2008.)

Fazit

Nach diesem Einblick in das Thema hoffe ich euch, die Thematik ansprechend nahe gebracht zu haben. Etwas Klarheit in einem doch sehr anspruchsvollen Thema. Auch wenn es nun etwas klarer ist, bleibt eine Spannung. Persönlich bin ich davon überzeugt, dass Gott das mächtigste Wesen ist. Über die Geschichte hinweg hat er immer wieder bewiesen, dass es Niemandem möglich ist, ihm das Wasser zu reichen. Erst durch die Macht, die uns Gott in seinem Geist verleiht, sind wir in der Lage, auch nur ein Stück weit zu werden wie er. Es bleibt zudem auch: Damit Macht wirken kann, braucht es ein Gegenüber. Sobald dieses dann existiert, ist es keine Allmacht mehr, es setzt sich selber außer Kraft. Gott hat uns Macht verliehen zu entscheiden, wie frei diese Entscheidung ist, ist eine andere Diskussion. Macht wird verliehen. Seine Macht ist unendlich größer, aber keine Allmacht. Ich verstehe warum, dass eine schwierige Botschaft darstellen kann, aber es sollte trotzdem unsere Aufgabe sein, es zu vermitteln. Wahrheit über Gott auszusprechen. In seiner eigenen Weise ist es eine Art Gott, besser kennen zu lernen, näher an das Herz des liebenden Vaters zu wachsen.

Literaturverzeichnis

Die Heilige Schrift. Schlachter 2000, MacArthur Studienbibel. 2017: CLV.

Hans, Jonas 2013. Der Gottesbegriff nach Ausschwitz. 14. Aufl. Tübingen: Suhrkamp.

Stubhann, Mathias 2008. Allmacht Gottes, in Herders neues Bibellexikon von Kogler, Franz. Freiburg; Wien; Basel: Herder.

Vorgrimmler, Herbert 2008. Allmacht Gottes, im Neunen Theologischen Wörterbuch. Freiburg; Basel; Wien: Herder